TAIZÉ

Pilger des Friedens

Hoffnung wecken

 
Reem Micheal Gonçalves wurde in Gaza geboren, lebt aber in Frankreich und erzählt von ihrer Erfahrung. Ihre Mutter ist Palästinenserin und orthodoxe Christin aus Jerusalem. Ihre Eltern flüchteten 1948 nach Gaza. Sie wurden von der katholischen Kirche aufgenommen, wie so viele andere Palästinenser auch. Ihr Vater stammt aus Gaza und ist koptisch-orthodoxer Christ ägyptischer Herkunft, der sich als Müller in Gaza niedergelassen hat. Reem Micheal Gonçalves ist mit Jose verheiratet und kommt mit ihrem Mann und ihren Kindern regelmäßig nach Taizé.

Wie wir alle wissen, hält die Gewalt in Gaza weiterhin an. Die Bomben töten immer mehr Menschen, und auch meine Familie wurde getroffen. Zwei Frauen, Nahed und ihre Tochter Sammar, wurden vor der Kirche der Heiligen Familie, in der José und ich geheiratet haben, getötet. Diese Kirche war immer ein Zufluchtsort für Christen, und seit dem 7. Oktober auch für meine Familie. Wir müssen den Hass bekämpfen und versuchen, Hoffnung zu finden und durchzuhalten.

Manchmal schwinden unsere Kräfte, aber wir werden von den Botschaften, die wir erhalten, und den Zeugnissen, die wir geben, getragen. Die liebevollen Worte, die ich von vielen bekannten und unbekannten Menschen erhalte, tragen mich, wenn ich kein Licht mehr sehe. Das hilft mir sehr, denn wir sind miteinander verbunden, wir sind in Kontakt. Zum Beispiel hat unser Bürgermeister von Saint Étienne du Rouvray während einer nicht-religiösen Zeremonie vor dem Mahnmal zum Gedenken an Jacques Hamel (ein 2016 bei einem Anschlag in Frankreich getöteter Priester) zu einem Moment der Besinnung für den Frieden und für einen Waffenstillstand in Palästina und Israel eingeladen und an alle zivilen Opfer der Massaker erinnerte.

Die Liebe, die das Verwundete und Zerbrechliche trägt, gibt neue Kraft. Das lässt mich an den Gelähmten denken, der von seinen Freunden und deren Glauben getragen wurde. Das Gebet ist auch eine Möglichkeit, Widerstand zu leisten, und das bedeutet mir viel.

Aber ich bin auch Mensch: Nach der Nachricht von der Ermordung zweier meiner Familienmitglieder hat mich die Wut gepackt, ich habe geschrien und geweint ... Als ich mich wieder gefasst hatte, wusste ich, dass Gott im Leid und in der Verzweiflung da ist und dass er uns trägt. Seine Liebe lindert dieses Leid, er handelt in meinem Gebet. Davon bin ich überzeugt. Er ist bei ihnen, bei ihnen allen.

Im Fernsehen sieht man nur noch Bilder von der Zerstörung des Gazastreifens und kaum noch etwas von der Bevölkerung, aber es gibt immer noch kleine Gesten der gegenseitigen Hilfe und Solidarität. Ein Gazaner zum Beispiel, der vor dem 7. Oktober kurze Videos über das Pflanzen und Ernten im Internet veröffentlichte, zeigt nun, wie man Geschwisterlichkeit sät. Sein Haus wurde vollständig zerstört, und er flüchtete mit seiner Familie in ein Zelt, einige Kilometer entfernt in ein Lager. Im Lager hat er wieder mit dem Anbau von Gemüse begonnen, das er mit den Menschen dort teilt. Er hat sogar einen Ofen gebaut, um Brot zu backen. Wenn ich diesen Mann und sein Handeln sehe, gibt mir das Hoffnung. Gaza ist noch am Leben!

Text von Reem Micheal Gonçalves, Ghislaine und José